Was geht im Kopf eines Serienmörders vor? Welches Motiv treibt einen Entführer an? Und wie tickt ein Terrorist? Was zunächst nach spannender Abend-TV-Unterhaltung klingt, gehört zum Job eines forensischen Psychiaters. Inwieweit der Arbeitsalltag eines Kriminalpsychiaters tatsächlich einer Krimiserie ähnelt, erfahren sie hier. Als forensischer Psychiater dringt man in die Köpfe der Täter und Angeklagten ein, um die Hintergründe der Tat zu erforschen, analysiert die Glaubwürdigkeit von Zeugen und erstellt Zukunftsprognosen für Straftäter. Richter und Staatsanwälte greifen häufig auf die Expertenmeinung eines forensischen Psychiaters zurück, wenn es um die Verurteilung und ein angemessenes Strafmaß geht. Der Beruf bringt also ein hohes Maß an Verantwortung mit sich, der nicht jeder gewachsen ist.
Der Joballtag: Mehr als nur Gutachten erstellen
Egal ob Gewalt- und Sexualdelikt oder Drogenmissbrauch – forensische Psychiater müssen sich unvoreingenommen und intensiv mit Tätern und Angeklagten auseinandersetzen. Es ist an ihnen herauszufinden, ob zum Beispiel Persönlichkeitsstörungen oder Suchtverhalten die Schuldfähigkeit beeinträchtigen. Sie erstellen aber auch Gutachten zum Sorge- und Umgangsrecht in Scheidungsfällen oder bei der Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien. Zeugenaussagen in Straf- oder Zivilsachen werden von ihnen auf ihre Glaubwürdigkeit hin überprüft. Darüber hinaus sind sie auch für die psychologische Betreuung der Insassen von Justizvollzugsanstalten zuständig. In diesem Zusammenhang erstellen sie Risikoprognosen über das zu erwartende Verhalten nach der Entlassung, beurteilen den Grad der Resozialisierung und unterstützen bei der Wiedereingliederung des Täters in die Gesellschaft.
Wo arbeiten forensische Psychiater?
Forensische Psychiater arbeiten häufig in der Justizverwaltung, zum Beispiel an Gerichten oder in Justizvollzugsanstalten, aber auch in den forensischen Abteilungen von Kliniken. Als niedergelassene Psychiater können sie ebenfalls mit Gutachten beauftragt werden. Je nach Spezialisierung reichen diese vom Sozial-, über das Familien- und bis hin zum Strafrecht. Auch Glaubhaftigkeitsgutachten, sowie Gutachten zur Geschäftsunfähigkeit und zur Gefährlichkeitsprognose müssen erstellt werden. An Hochschulen, Fachhochschulen, Berufs- oder Fachakademien können sie – zum Teil mit Habilitation – Lehraufträge übernehmen. Die Stellen sind jedoch begrenzt, da die forensische Psychiatrie noch ein relativ junges medizinisches Fach- und Forschungsgebiet ist. Auch die Kriminalpolizei kommt natürlich als Arbeitsplatz in Frage. Hier gilt es unter anderem Polizeibeamte psychologisch zu schulen und auf Konfliktsituationen vorzubereiten.
Softskills: Geduld, Skepsis und Selbstbewusstsein
Bestimmte Fähigkeiten und Charaktereigenschaften sind zwingend notwendig, wenn man als forensischer Psychiater erfolgreich sein will. Geduld und Offenheit gegenüber den Angeklagten und ihren Motiven sind sehr wichtig, um den Taten tatsächlich auf den Grund zu gehen. Eine gesunde Skepsis darf dabei aber niemals fehlen. Es gibt immer wieder Täter, die auf eine verminderte Schuldfähigkeit spekulieren, um das Strafmaß zu mildern. Als forensischer Psychiater bestimmt man das Schicksal des Angeklagten in hohem Maße mit. Dieser Verantwortung sollte man sich stets bewusst sein. Gleichzeitig betreffen manche Gutachten auch die öffentliche Sicherheit, wenn es um gewalttätige Straftäter und deren Entlassungsprognosen geht. Mit diesem Druck muss man als forensischer Psychiater umgehen können. Ein souveränes Auftreten ist essentiell, wenn es darum geht, das eigene Gutachten glaubhaft und argumentativ vor Gericht mit zum Teil fachfremdem Publikum zu präsentieren. Dann ist eine gute Portion Selbstbewusstsein notwendig, um sich von angriffslustigen Anwälten nicht einschüchtern zu lassen. Last but not least sollten forensische Psychiater trotz der intensiven Gespräche immer eine professionelle Distanz zu den Angeklagten wahren, um sich nicht unbewusst beeinflussen zu lassen.
Was verdient ein forensischer Psychiater
Das Gehalt richtet sich nach dem Verdienst als Facharzt für Psychiatrie. Abhängig von der Art der Stelle kann bereits das Einstiegsgehalt recht hoch sein und mit der Anzahl der zu erstellenden Gutachten weiter steigen. Als Facharzt bekommt ein forensischer Psychiater monatlich mindestens 3000 Euro brutto. Die Spanne nach oben ist offen, allerdings verdienen die meisten zwischen 2500 und 4000 Euro brutto. Im öffentlichen Dienst wird laut Tarifvertrag in der Entgeltgruppe 13 Stufe 3 gezahlt. Das bedeutet je nach Bundesland einen Verdienst um die 3900 Euro brutto. Gutachten werden pro Stunde Arbeitszeit berechnet. Kleinere Gutachten beginnen bei 40 Euro pro Stunde. Mit zunehmender Berufserfahrung steigt auch der Stundensatz. Die Schwierigkeit besteht also darin, konstant Aufträge zu sichern, um dauerhaft beschäftigt zu sein.
Ein langer Weg: Erst Studium, dann Facharzt und Zusatzausbildung
Um als forensischer Psychiater zu arbeiten, braucht man einen langen Atem. Der Weg beginnt mit einem Medizinstudium und der anschließenden Facharztausbildung als Psychiater, Psychotherapeut oder Neurologe. Diese kann zwischen fünf und sechs Jahre dauern. Danach ist eine weitere zweijährige Zusatzausbildung in einer forensischen Klinik erforderlich. Für das ersehnte Zertifikat müssen 240 Stunden theoretische Ausbildung, 70 supervidierte Gutachten und ein Jahr praktische Fortbildung in einer Klinik des Maßregelvollzugs oder einer stationären Therapieeinrichtung absolviert werden. Erst dann darf man offiziell die Berufsbezeichnung forensischer Psychiater tragen.
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