Anonyme Bewerbung

Pilotprojekt der Regierung

Um zu zeigen, dass es auch anders geht, startete die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) im November 2010 ein Pilotprojekt, das genau da Veränderungen bewirken sollte, wo die Diskriminierung in der Regel am höchsten ist: Bei der Beurteilung der Bewerbungen. In dem Modellprojekt konnten verschiedene Unternehmen, Behörden und Kommunen über ein Jahr lang anonymisierte Bewerbungsverfahren testen. Mit dabei: die Deutsche Post, Deutsche Telekom, L’Oréal, Mydays, Procter & Gamble, das Bundesfamilienministerium, die Bundesagentur für Arbeit Nordrhein-Westfalen und die Stadtverwaltung von Celle. Was in anderen europäischen Ländern und vor allem in den USA schon längst praktiziert wird, ist hierzulande noch ungewohnt. Keine Jahreszahlen, kein Name, kein Foto, keine Altersangaben oder Angaben zum Familienstand und Herkunft – in einer anonymen Bewerbung geht es allein um Ausbildung und Qualifikation. Nur so haben alle Bewerber die gleiche Chance, eine Runde weiterzukommen.

Positive Bilanz: Frauen profitieren von anonymen Bewerbungen

Nun wurde das Projekt von der IZA und der Europa-Universität Viadrina ausgewertet und die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, zieht ein positives Fazit: „Unser Pilotprojekt hat gezeigt, dass anonymisierte Bewerbungen den Fokus auf die Qualifikation der Bewerbenden lenken und dabei gut umsetzbar sind.“ 8550 Bewerber und Bewerberinnen hatten sich zwischen Oktober 2010 und November 2011 beworben. 1.293 Personen wurden zu einem Eignungstest oder einem Vorstellungsgespräch eingeladen. 246 Personen erhielten ein Arbeitsplatzangebot bzw. das Angebot eines Studien- oder Ausbildungsplatzes. Dabei zeigte sich, dass Frauen von anonymisierten Bewerbungsverfahren besonders profitieren könnten, so Lüders. Vor allem jüngere Frauen mit erster Berufserfahrung hätten aufgrund eines möglichen Kinderwunsches bis dato schlechtere Chancen gehabt. Aber auch für Bewerber mit Migrationshintergrund stiegen mit der anonymen Bewerbung die Chancen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.

Persönliche Informationen erst nach der Einladung zum Gespräch

Bei dem Projekt wurden drei Verfahren getestet: Online-Bewerbungen, bei denen nur Kompetenzen, Qualifikationen und Motivation erfasst wurden, anonymisierte Bewerbungsformulare, die die Bewerber per Download, E-Mail oder Post erhielten und ausgefüllt an das Unternehmen zurücksendeten und die nachträglich Anonymisierung von Bewerbungen zum Beispiel durch Schwärzen oder durch das Weitergeben nur bestimmter Daten. Erst nach der Einladung zum Bewerbungsgespräch erhielten die Personalverantwortlichen weitere Informationen, um sich optimal auf das Gespräch vorbereiten zu können. Jetzt hofft die Antidiskriminierungsstelle auf viele Nachahmer unter den deutschen Arbeitgebern. Schließlich würde durch die Anonymisierung von Bewerbungen nicht nur nachweislich Diskriminierung abgebaut. Die Bewerbungsverfahren helfen laut der ADS auch, neue Bewerbergruppen zu erschließen und sicherzustellen, dass Unternehmen die qualifiziertesten Kandidaten zum Vorstellungsgespräch einladen.


(Quelle: www.antidiskriminierungsstelle.de) Bildquelle: © Comugnero Silvana – Fotolia.com

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