Menschen mit Behinderung haben es auch auf dem boomenden deutschen Arbeitsmarkt grundsätzlich schwerer. Zwar profitieren auch schwerbehinderte Arbeitslose vom Aufschwung am Arbeitsmarkt – allerdings nicht so stark wie nicht schwerbehinderte Arbeitslose. In einem IT-Unternehmen aus Karlsruhe ist Inklusion am Arbeitsplatz Alltag. Die auch von Deutschland 2009 unterzeichnete Behindertenrechtskonvention der UNO fordert jedoch gleiche Chancen am Arbeitsmarkt für alle. Wie der DGB es im Dezember auf den Punkt brachte, sind behinderte Menschen bei Neueinstellungen nichtbehinderten Bewerbern gegenüber häufig im Nachteil. Zu viele Unternehmen gehen immer noch davon aus, dass Menschen mit Behinderungen weniger leisten können als Menschen ohne Handicap.
Blinder Softwareentwickler und beinamputierter Geschäftsführer
Anders macht es das IT-Unternehmen SIVIS in Karlsruhe: Seit fünf Jahren beschäftigt das Unternehmen mit Vladyslav Kutsenko einen blinden Softwareentwickler. Geschäftsführer Bernd Israel, selbst beinamputiert, richtete Anfang Februar als Dankeschön für die gute Arbeit eine Feier für seinen Mitarbeiter aus. „Ein gelungenes Beispiel für Inklusion – die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten und nichtbehinderten Menschen an der Arbeitswelt“, sagte Karlheinz Schneider, Vorsitzender des Badischen Blinden- und Sehbehindertenvereins (BBSV), der zur Ehrung des blinden Programmierers aus Mannheim angereist war. Auch Inge Stumpp, Leiterin der Bezirksgruppe Karlsruhe im BBSV, kam und gratulierte.
Die Rahmenbedingungen müssen stimmen
„Deutschland hat sich zur Umsetzung verpflichtet. Die SIVIS ist deshalb ein Leuchtturm in dieser noch dunklen Inklusionsgesellschaft“, meinte Schneider. Er hoffe, dass viele weitere Unternehmen dem Beispiel folgten und Behinderte einstellten. Vor der Leistung des blinden Programmierers und seinem Lebensweg als studierter Informatiker mit Abschluss an der Universität Karlsruhe habe er großen Respekt. Wenn die Rahmenbedingungen stimmten, könnten Blinde die gleichen Leistungen wie Sehende erbringen. Um ein Bildschirmvorlesegerät und eine Braille-Tastatur (Tastatur zur Eingabe von Blindenschrift) für den blinden Programmierer kaufen zu können, erhielt das IT-Unternehmen Zuschüsse vom Integrationsamt des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS). „Wir haben die Aufgabe, berufliche Nachteile von Behinderten auszugleichen“, erläuterte Uwe Kaucher, Fachberater im Integrationsamt. „Es kommt auf die Zuverlässigkeit und Leistung eines Menschen an – nicht auf seine Behinderung“, führte er aus.
„Ganz normaler Mitarbeiter in der Softwareentwicklung“
„Ich habe mir über das Thema Inklusion nie Gedanken gemacht. Hier bin ich ein ganz normaler Mitarbeiter und habe viele Aufgaben in der Softwareentwicklung“, meinte Vladyslav Kutsenko. „Vladyslav Kutsenko ist für uns alle ein gleichwertiger Mitarbeiter“, sagte Geschäftsführer Israel. Das Unternehmen stehe zu seinen hervorragenden IT-Leistungen auch dank seiner behinderten Mitarbeiter, so der Geschäftsführer. Die SIVIS entwickelt Softwarelösungen im SAP-Bereich für Kunden aus vielen Branchen. 29 Kollegen des blinden Programmierers arbeiten für die SIVIS in Karlsruhe, Freiburg, Basel und Johannesburg. Bildquelle: © Sascha Bergmann, Fotolia.com