Jeder ist seines Glückes Schmied – das gilt auch für das Wohlbefinden im Job. Ob wir mit Freude oder Frust arbeiten, liegt in erster Linie an uns selbst. Diplom-Psychologin Dr. Ilona Bürgel weiß, wie man zu einer optimistischen Lebenshaltung gelangt und warum wir wieder lernen müssen, unser Glück zu erkennen und zu genießen.
Ertappen Sie sich auch manchmal dabei, wie Sie auf die harmlose Frage „Na, wie geht’s Dir so“ ganz automatisch die Stirn in Falten werfen? Dann hauchen wir erschöpft ein „Es geht so. Wie immer viel zu tun“, schultern die Sorgen der Welt und ziehen resigniert weiter. Was ist da los? Warum lautet unsere Antwort nicht: „Mir geht’s prima. Ich bin gesund und habe heute schon dieses und jenes zu meiner Zufriedenheit erledigt!“ Weil wir eben nie mit uns zufrieden sind, behauptet Ilona Bürgel, Diplom-Psychologin und Expertin für den Wirtschaftsfaktor Wohlbefinden. „Es ist ein menschliches, ein kulturelles Problem, dass es uns großartig geht, weil wir so viel erreicht haben und unglaublich viel leisten – wir das aber selbst am wenigsten anerkennen. Niemand ist so garstig zu uns wie wir selbst.“ Wir gönnen uns kein sorgenfreies und problemloses Leben, denn dann ginge es uns ja zu gut!
Das Negative zuerst
Die meisten Menschen neigen dazu, das Negative in den Fokus ihrer Wahrnehmung zu rücken, statt sich über positive Dinge zu freuen. „Meist nimmt ein Schmerz oder ein Problem unsere ganze Aufmerksamkeit ein und wir vergessen den Rest, der viel größer ist“, so die Expertin. „Haben wir Probleme mit den Liebsten, vergessen wir unseren gesunden Körper. Haben wir Ärger auf der Arbeit, sehen wir unsere tolle Wohnung nicht. Sind wir krank, kann das gut gefüllte Konto nicht trösten.“ Hinzu kommt, dass wir uns ganz automatisch daran orientieren, was wir nicht haben. Stolz und die Zufriedenheit über die eigene Arbeit verfliegen schnell, wenn der Nachbar von seinem Firmenwagen, den Geschäftsreisen nach Übersee oder den flexiblen Arbeitszeiten erzählt.
Glücklichsein als Erwartungshaltung
Dabei ist Wohlbefinden bei der Arbeit letztendlich eine Frage der Wahrnehmung – und die lässt sich trainieren. Meist sind wir glücklicher, als wir glauben, haben aber verlernt, dieses Glück zu sehen. “Wer keine positiven oder glücklichen Momente während der Arbeit erwartet, der wird sie auch nicht erleben. Weil sie nämlich unbemerkt an uns vorbeiziehen, während wir damit beschäftigt sind, Probleme zu wälzen“, erklärt Ilona Bürgel. Leider gibt es keine App, die auf Knopfdruck aus pessimistischen Bedenkenträgern optimistische Genießer macht. „Eine optimistische Lebenshaltung und die Fähigkeit, Glück zu erkennen und zu empfinden, lassen sich aber erlernen.“ Mit Disziplin und viel Geduld: „Einen bis drei Monate dauert es, bis wir uns vertrauter mit etwas Neuem fühlen.“
So finden Sie Ihre Glücksmomente im Job
In Ihrem Buch „Die Kunst, die Arbeit zu genießen: Erfolg und Lebensfreude im Job“ gibt Ilona Bürgel praktische Tipps, die uns das Glück um uns herum bewusster erkennen lassen und uns so zu einer optimistischeren Lebenshaltung verhelfen. Denn zum Glücklichsein braucht es keine phänomenalen Highlights wie eine Beförderung – Glück bedeuten die vielen kleinen Annehmlichkeiten und das Gefühl der Zufriedenheit im Leben. Wir haben einige Übungen für Sie ausgewählt:
Machen Sie sich bewusst, was für einen guten Job Sie haben. Unser Gehirn passt sich an, der gleiche Kuchen schmeckt beim zehnten Mal längst nicht mehr so gut. Wir übersehen deshalb auch bei der Arbeit gern, wie viel Gutes und Wertvolles wir haben, weil es ganz selbstverständlich geworden ist.
Konzentrieren Sie sich auf Stärken, Ihre und die der anderen. Wer seine Stärken bei der Arbeit nutzt, ist engagierter und hat 40 Stunden die Woche Spaß. Wer die eigenen Stärken nicht nutzt, brennt schon nach 20 Stunden aus, egal wie anstrengend die Arbeit ist.
Sehen Sie Erfolge. Beginnen Sie Teambesprechungen, das Abendessen oder die Reflexion über den Tag mit Gelungenem, mit Erfolgen.
Erteilen Sie sich ein Aber-Verbot. ‚Aber‘ ist der Tod jedes Dankes, Komplimentes oder Lobes. Besser ist es, dankbar ohne Wenn und Aber zu sein für das, was Ihnen gefällt, und ein anderes Mal über Verbesserungen nachzudenken.
Arbeiten Sie mit guten Gedanken. Bauen Sie sich einfache Sätze aus optimistischen Absichten, die Sie so häufig wie möglich wiederholen. Etwa: Ich bekomme Unterstützung und nehme sie an. Oder: Ich stecke meine Kunden mit meinem Optimismus an.
Entwickeln Sie ein flexibles Weltbild. Für Optimisten ist die Welt voller Möglichkeiten. Bei Rückschlägen suchen sie nach der nächsten Chance, statt Fehler als Bestätigung der eigenen Unfähigkeit zu sehen.
Sorgen Sie besser für sich. Je besser es Ihnen geht, umso leichter finden Sie zu Optimismus, Lebensfreude und Wohlbefinden. Nehmen Sie sich jede Woche einen realistischen Wunsch vor und erfüllen Sie ihn sich. Das kann zum Beispiel ein Abend mit einem guten Buch sein. Oder nutzen Sie doch einfach einmal die Gleitzeit und fangen Sie eine halbe Stunde später an! Genießen Sie, was Sie sind und haben!
Das macht glücklich!Bitte lächeln! Wer lächelt, lebt länger und hat weniger Herzkrankheiten. Lächeln macht glücklich, weil selbst ein unechtes Lächeln unserem Gehirn die Nachricht sendet, dass wir glücklich sind. Gemeinschaft erleben! Glückliche Menschen verbringen 30 Prozent weniger Zeit vor dem Fernseher, sondern sind lieber mit anderen unterwegs. Egal ob Sie ins Kino, die Kirche oder zum Sekttrinken gehen, die Verbundenheit mit anderen Menschen zählt. Erinnerungen bewahren! Sie sammeln Fotos, Steine oder ähnliche scheinbar sentimentale Erinnerungsstücke? Weiter so, denn diese tragen später zu Glücksgefühlen bei und sorgen für die Erwartung weiteren Glücks. Sport treiben! Bewegung baut das Stresshormon Cortisol ab und vertreibt Depressionen. Schon wenige Minuten am Tag reichen. Am besten ist die Wirkung im Freien, da dann gleich noch Vitamin D produziert wird, das gesund und glücklich macht. Massagen genießen! Eine Massage steigert die Abwehrkräfte und verringert die Konzentration an Stresshormonen im Körper. Es konnte nachgewiesen werden, dass nach 45 Minuten Massage die Anzahl der Lymphozyten zugenommen und das Stresshormon Cortisol abgenommen hatte. Erlebnisse teilen! Das Sprechen oder Schreiben über schmerzhafte oder traumatische Ereignisse beschleunigt deren Verarbeitung, weil der Prozess zu einer Analyse, Organisation und zum Verständnis des Geschehens beiträgt. Schokolade essen! So erleben Sie regelmäßig chemische Glückskeulen aus dem Gehirn wie Dopamin und Serotonin. Doch Achtung, wechseln Sie immer mal die Sorten, sonst werden Sie unbemerkt die Dosis erhöhen, denn Dopamin nutzt sich ab und braucht immer neue Reize, egal ob bei Schokosorten oder im Leben. |
Quellen:www.ilonabuergel.de , „Die Kunst, die Arbeit zu genießen: Erfolg und Lebensfreude im Job“, Ilona Bürgel, Kreuz Verlag
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