Viele Arbeitnehmer haben den Wunsch, in Teilzeit zu arbeiten. Doch was tun, wenn der Traumjob nur als Vollzeitstelle zu haben ist? Beziehen Sie im Anschreiben besser gleich Stellung oder umgehen Sie das Thema erst einmal elegant vertagen es und auf das Vorstellungsgespräch? Wir sagen Ihnen, mit welcher Taktik und welchen Argumenten Sie potenzielle Arbeitgeber von einer Teilzeitlösung überzeugen können…
Fast Dreiviertel (74,1 Prozent) der Frauen in den Niederlanden arbeiten in Teilzeit. Wer hinter dieser beachtlichen Zahl lediglich ein traditionelles Rollenmodell vermutet, wird bei genauerem Hinsehen eines Besseren belehrt. Viele niederländische Frauen möchten gar keinen Vollzeit-Job. Einige Männer übrigens auch nicht. Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein. Falls Sie auch mit einer Teilzeit-Stelle liebäugeln, sollten Sie wissen, wie Sie auch den Arbeitgeber von Ihren Plänen überzeugen können.
Teilzeit in Deutschland: Klassisches „Dazuverdiener-Modell“
Auch in Deutschland arbeiten Frauen (46,8 Prozent) deutlich häufiger in Teilzeit als Männer (8,1 Prozent). So eine aktuelle Erhebung der Europäischen Statistikbehörde Eurostat. Vor allem in Familien ist das klassische „Dazuverdiener-Modell“ mit dem Mann als Hauptverdiener noch weit verbreitet. Hier grüßt das Gender Pay Gap, denn nach wie vor werden Frauen meist schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Beim Familieneinkommen müssen also weniger finanzielle Abstriche gemacht werden, wenn Mama beruflich kürzer tritt und sich nebenbei um Kind und Kegel kümmert, während Papa weiterhin full-time arbeitet.
Doch der Wunsch nach einer regulären Wochenarbeitszeit von weniger als 35 Stunden – das nämlich bedeutet Teilzeit – kann auch ganz andere Gründe haben und betrifft keineswegs nur Frauen. Das eigene Hobby, der Hausbau, ein Studium oder eine Weiterbildung parallel zum Job, die Pflege von Angehörigen – all das erfordert zeitliche Flexibilität, die sich mit einer Teilzeitstelle gut erreichen lässt. Vorausgesetzt der Arbeitgeber spielt mit.
Stelle nicht in Teilzeit ausgeschrieben? Bewerbung kann sich trotzdem lohnen
Wer weniger Stunden pro Woche arbeiten will, darf bei der Wahl des Arbeitsplatzes nicht wählerisch sein, glauben viele. Aber Sie müssen sich keineswegs nur auf ausgewiesene Teilzeitstellen bewerben. Auch wenn die Stellenausschreibung keinen Aufschluss auf die Arbeitszeit gibt und selbst wenn explizit eine Vollzeitstelle ausgeschrieben ist, kann sich eine Bewerbung mit der richtigen Taktik und treffenden Argumenten lohnen. Wird Ihr Traumjob also nicht als Teilzeitstelle angeboten, haben Sie zwei Möglichkeiten:
- Sie bewerben sich ganz normal und lassen das Thema Arbeitszeit vorerst elegant unter den Tisch fallen. So umgehen Sie das Risiko, allein aufgrund Ihres Arbeitszeitwunsches ausgesiebt zu werden. Spätestens im Vorstellungsgespräch müssen Sie dann aber Klartext reden und unter Umständen mit verschnupften Personalern rechnen. Die können dieser Methode nämlich meist wenig abgewinnen. Aber immerhin besteht die Chance, dass Sie diese bis dahin absolut von sich überzeugen konnten und die Teilzeit-Option nun zumindest denkbar ist.
- Sie nehmen telefonisch oder per E-Mail Kontakt zum Personalverantwortlichen auf, bevor Sie die Bewerbung schreiben und erkundigen sich, inwiefern die Stelle Teilzeit-fähig ist. Er wird Ihnen nach Möglichkeit die konkrete Stundenzahl nennen oder zumindest sagen können, ob das Unternehmen in dem Bereich flexibel ist und die Stundenzahl nach einem erfolgreichen Bewerbungslauf diskutiert wird. Dieses Vorgehen ist nicht nur ehrlicher, es hat auch den Vorteil, dass Sie im Bewerbungsschreiben auf den persönlichen Kontakt Bezug nehmen können.
Teilzeitwunsch: Clevere Tipps für Ihr Anschreiben
- Äußern Sie nicht nur einen allgemeinen Teilzeitwunsch, sondern machen Sie möglichst konkrete Zeitangaben, zum Beispiel: „bis zu 30 Stunden pro Woche“. Je größer Ihr Spielraum dabei ist, umso besser stehen Ihre Verhandlungschancen. Können Sie das Unternehmen erst einmal für eine Teilzeitlösung erwärmen, lässt sich die Stundenzahl noch nachverhandeln.
- Argumentieren Sie FÜR die Teilzeitlösung. Beispiele: Sie sind belastbarer und arbeiten effizienter. Die Aufgaben werden in kürzerer Zeit erledigt und das Unternehmen spart Gehalt für eine Vollzeitkraft. Welche Erfolge haben Sie bereits in Teilzeit realisiert? Hatten Sie eventuell weniger Fehlzeiten als Kollegen in Vollzeitanstellung. Auch das können Sie angeben.
- Zeigen Sie Kompromissbereitschaft, indem Sie langfristig eine Aufstockung Ihrer Arbeitszeit in Aussicht stellen.
- Nennen Sie plausible Gründe für Ihren Wunsch nach einer Teilzeitstelle und zerschlagen Sie gleichzeitig mögliche Bedenken, dass diese Gründe, zum Beispiel die Betreuung kleiner Kinder, zu weiteren Engpässen Ihrerseits führen könnten.
- Eine Home-Office Regelung kann eine Alternative sein, wenn das Unternehmen an der Vollzeitstelle festhält. Überlegen Sie im Vorfeld genau, ob das auch für Sie ein realisierbarer Kompromiss wäre. Schließlich bedeutet Home-Office nicht Freizeit. Aber zumindest müssen Sie so nicht Vollzeit im Büro anwesend sein.
- Auch ein Job-Sharing-Modell ist eine interessante Möglichkeit, aus einer Vollzeit-Position zwei Teilzeit-Jobs zu machen. Sammeln Sie Argumente, warum sich gerade für diese Stelle ein Job-Sharing lohnt. Perfekt wäre es, wenn Sie und ihr Counterpart sich gleich zusammen bewerben.
- Packen Sie das Unternehmen bei seiner Ehre und den eigenen Versprechen. Viele Arbeitgeber geben an, besonders familienfreundlich zu sein. Darauf können Sie im Anschreiben bewusst anspielen. Flexible Arbeitszeitmodelle darf man von einem familienfreundlichen Unternehmen durchaus erwarten.
Quellen: www.heise.de, www.bewerbungsanschreiben.info, karrierebibel.de
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